Ich gebe es gleich zu: Ich bin kein Extrembergsteiger. Aber irgendetwas hat mich schon lange in die Tatra gezogen. Dieses Gebirge an der Grenze zwischen Polen und der Slowakei, das immer wieder mit Bildern von klaren Bergseen, schroffen Gipfeln und kleinen Berghütten auftaucht. Also habe ich mir die Wanderschuhe geschnürt, bin nach Zakopane gefahren – und habe mich ins Abenteuer gestürzt.
Der erste Tag: Mehr Menschen als erwartet
Zakopane selbst ist quirlig, fast schon überlaufen. Ich war überrascht, wie viele Touristen unterwegs sind – vor allem in der Hauptsaison. Doch sobald ich den Wanderweg Richtung Morskie Oko genommen habe, änderte sich das Bild. Der Weg war zwar voll, aber irgendwann, nach den ersten Kilometern, fand ich meinen Rhythmus.
Und dann – plötzlich, nach einer Kurve – lag er da: der berühmte Bergsee Morskie Oko. Glasklar, eingerahmt von schroffen Felsen, einfach atemberaubend. Ich habe mich ans Ufer gesetzt, die Schuhe ausgezogen und die Füße ins eiskalte Wasser gestreckt. Es war einer dieser Momente, wo man denkt: „Genau dafür bin ich hier.“
Aufstieg zum Czarny Staw – und die Realität
Voller Euphorie bin ich weiter zum Czarny Staw pod Rysami gewandert, einem kleineren See oberhalb. Der Weg war steiler, meine Beine wurden schwerer, und irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich mir das eigentlich antue. Aber genau das gehört zum Wandern dazu – dieser Kampf zwischen innerem Schweinehund und dem Drang, noch ein Stück weiterzugehen.
Oben angekommen, hat sich alles gelohnt: Der Blick zurück auf Morskie Oko, die schroffen Gipfel im Hintergrund, ein leichter Wind. Ich habe dort bestimmt eine Stunde einfach nur gesessen und geschaut.
Kleine Überraschungen am Wegesrand
Was ich an der Tatra liebe, sind die Berghütten (Schroniska). Dort bekommst du Suppe, Tee oder ein Bier – einfach, günstig, aber genau richtig nach einer anstrengenden Tour. Ich habe mir eine Schüssel Żurek gegönnt, eine säuerliche Suppe, die mich sofort wieder aufgetankt hat.
Und dann war da noch der Moment, als plötzlich eine Gruppe Bergziegen vor mir den Weg kreuzte. Ich war völlig still, die Tiere auch – wir haben uns kurz angesehen, und dann sind sie langsam weitergezogen. Für mich war das fast magischer als jeder Aussichtspunkt.
Praktische Erkenntnisse (die ich am eigenen Körper gelernt habe)
- Früh losgehen: Ab 10 Uhr wird es voll, egal welcher Weg.
- Gutes Schuhwerk ist Pflicht – ich habe Leute in Sneakers kämpfen sehen.
- Wetter: Es kann in Minuten umschlagen. Ich hatte Sonne, Regen und Nebel – an einem einzigen Tag.
- Kondition: Selbst einfache Routen können anstrengend sein. Aber hey, am Abend fühlt man sich trotzdem wie ein kleiner Held.
Wandern in der Tatra ist kein Spaziergang, aber jede Blase wert
Am Ende meiner Tour war ich fertig, verschwitzt und meine Waden haben gejault – aber innerlich war ich glücklich wie selten. Die Tatra ist für mich einer der Orte, an denen man merkt, wie klein man eigentlich ist – und gleichzeitig, wie großartig es ist, Teil dieser Natur zu sein.
Wenn ich an Polen denke, dann sind es nicht nur Städte oder Essen, sondern auch diese Berge, die sich tief ins Gedächtnis eingebrannt haben.