Winter in den Masuren – Stille, Schnee und ein Kamin, der nie aufhört zu knacken

Es ist früh am Morgen, und über den Seen hängt Nebel. Kein Laut, nur das ferne Knirschen meiner Schritte auf gefrorenem Boden. So klingt Winter in den Masuren – leise, klar und ein bisschen so, als hätte die Welt für ein paar Tage den Atem angehalten.


Wenn Schnee zur Sprache wird

Ich hatte Polen immer als Sommerziel im Kopf. Boote, Seen, Sonnenuntergang am Wasser. Aber als ich das erste Mal im Winter kam, verstand ich: Die Masuren sind keine Saison. Sie sind ein Gefühl.
Die Seen sind gefroren, glatt wie Glas. Kinder ziehen Schlitten, irgendwo heult ein Hund. In den Wäldern hängen Eiszapfen wie Glasperlen von den Ästen, und die Sonne hat diese kalte, klare Farbe, die nur der Winter kennt.
Ich ging über das Eis – vorsichtig, Schritt für Schritt – und hörte dieses leise Knacken unter mir. Kein Angstgefühl, eher Ehrfurcht. Alles schien größer, älter, echter.


Leben zwischen Kamin und Kälte

Ich hatte mir für die Woche eine kleine Holzhütte gemietet. Kein Luxus, kein WLAN. Nur ein Kamin, Holzstapel draußen und die Stille, die man in der Stadt so nie findet.
Abends saß ich mit Tee am Feuer, draußen stürmte der Schnee. Der Geruch von Holz, das Knistern, das warme Licht – das war genug. Kein Fernseher, kein Handy, kein „Was kommt morgen?“. Nur dieser Moment.
Einmal kam der Besitzer vorbei, ein älterer Mann mit wettergegerbtem Gesicht. Er brachte mir geräucherten Fisch und selbstgebrannten Wodka. Wir sprachen kaum – mein Polnisch ist rudimentär, sein Deutsch nicht besser – aber irgendwie verstanden wir uns trotzdem.


Ein Tag im Eis

Ich bin viel gelaufen. Durch Wälder, über zugefrorene Flüsse, vorbei an Spuren von Rehen. In der Ferne ein Dörfchen, Rauch aus den Schornsteinen, das Läuten einer kleinen Kirche. Es war, als würde man durch ein Märchen laufen, das keiner mehr erzählt.
Und dann, am Abend, die Sauna – Holz, Hitze, der Sprung in den Schnee draußen. Ich schwöre, so lebendig hab ich mich selten gefühlt.


Der Winter in den Masuren ist nichts für Eilige. Es ist eine Zeit für Menschen, die still werden wollen. Für alle, die vergessen haben, wie sich Stille anhört.
Ich bin anders zurückgefahren, ruhiger. Irgendwie leer und gleichzeitig voll – von all dem, was nicht passiert ist, aber trotzdem da war.
Polen kann laut sein. Aber manchmal – im Winter, zwischen Eis und Feuer – ist es das Gegenteil. Und genau das macht es so besonders.


 

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