Wenn die Natur erwacht: Mein stiller Frühling in Polens Nationalparks

Es gibt Orte, an denen man nicht redet. Weil die Stille lauter ist als jedes Wort.
So ist Polen im Frühling, wenn die Nationalparks zu atmen beginnen – sanft, gleichmäßig, wie ein Wesen, das gerade aufwacht. Ich war dort, ohne Ziel, ohne Plan. Nur mit Wanderschuhen, einem Rucksack und dem Wunsch, einfach mal wieder zuzuhören.


Białowieża – das Herz des alten Waldes

Morgens um sechs, der Nebel hängt zwischen den Bäumen. Feuchtigkeit auf den Ästen, Vogelrufe, die wie Fragen klingen. Der Białowieża-Wald ist kein Ort für Eile. Hier lebt noch der europäische Wisent – groß, ruhig, uralt.
Ich sah ihn aus der Ferne, halb im Dunst, halb im Traum. Und für einen Moment dachte ich, die Zeit hätte aufgehört zu zählen.


Biebrza – das Land des Wassers

Ein paar Tage später: Biebrza-Nationalpark, im Nordosten. Moore, Sümpfe, Stille. Ein Ort für Geduld. Wer wartet, sieht hier mehr: Elche, Reiher, Biber.
Ich saß am Uferrand, Füße im Gras, und beobachtete, wie sich das Licht im Wasser spiegelt. Es war kein Spektakel – aber irgendwie heilend.


Tatra – Schnee trifft Frühling

Weiter südlich, in den Bergen, kämpfte der Frühling noch. Oben Schnee, unten Krokusse. Ich wanderte zwischen den Jahreszeiten. Jeder Schritt roch anders – nach Eis, nach Erde, nach Aufbruch. Ein kleiner Junge rutschte lachend im Schnee aus. Seine Mutter lachte mit. Ich auch.


Roztocze – Sonnenstrahlen auf Feldern

Im Osten dann: sanfte Hügel, Felder, Wälder, die aussehen, als hätte jemand sie mit Pastellfarben gemalt. Bauern grüßen, Hunde bellen, irgendwo duftet es nach frisch gebackenem Brot.
Ich blieb einen Nachmittag lang einfach auf einer Wiese sitzen. Kein Empfang, kein WLAN, keine To-Do-Liste. Nur Wind und Wolken. Und das reichte.

Polens Nationalparks im Frühling sind kein Ziel – sie sind eine Rückkehr. Zu sich selbst, zur Ruhe, zu dem, was echt ist.
Man braucht hier keine Sehenswürdigkeiten, keine Kameraperspektive. Nur offene Augen. Und die Zeit, sie auch wirklich zu benutzen.

Vielleicht ist das die größte Lektion, die die Natur einem geben kann: Dass man nicht alles planen muss, um etwas zu finden. 🌱


 

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