Es gibt Orte, an denen man leiser wird, noch bevor man ankommt.
Auschwitz ist so ein Ort.
Ich wusste vorher, dass es schwer werden würde. Ich hatte Bücher gelesen, Filme gesehen, Zahlen im Kopf. Aber nichts davon bereitet einen darauf vor, durch dieses Tor zu gehen. Auf dem Kies zu stehen. Den Wind zu hören. Und zu merken, dass hier alles echt ist.
Der Moment des Ankommens
Schon der Parkplatz fühlt sich falsch an. Autos, Stimmen, ein Ticketschalter. Alltag. Und dann dieser kurze Weg – ein paar Schritte nur – und plötzlich ist alles anders.Ich erinnere mich, wie ich langsamer wurde. Wie Gespräche verstummten. Wie selbst Menschen, die vorher gelacht hatten, automatisch leiser gingen. Niemand sagt etwas. Niemand muss etwas sagen.Man geht hinein nicht als Tourist, sondern als Mensch.
Räume, die bleiben
Die Baracken sind leer. Und doch voll.
Voll von Abwesenheit.
Schuhe hinter Glas. Koffer mit Namen. Haare. Brillen.
Keine Effekte, keine Dramatisierung. Nur Dinge. Und genau das macht es so unerträglich.
Ich blieb vor einem Koffer stehen. Ein Name. Ein Geburtsdatum. Ein Ziel, das nie erreicht wurde.
Und in diesem Moment wurde mir klar: Das hier ist keine Geschichte. Das ist ein Ende. Millionen Mal.
Birkenau – Weite, die schmerzt
Birkenau ist anders. Größer. Offener.
Die Gleise führen ins Nichts. Oder besser gesagt: ins Unfassbare.
Ich ging ein Stück allein. Der Himmel war grau, der Boden nass. Kein Vogel. Kein Geräusch. Nur Wind.
Man steht dort und spürt, wie Worte versagen. Wie jede Erklärung zu klein wird.Ich habe nicht fotografiert. Nicht, weil es verboten wäre – sondern weil es sich falsch angefühlt hätte.
Was Auschwitz mit einem macht
Man verlässt diesen Ort nicht wie man ihn betreten hat.
Man trägt ihn mit sich – still, schwer, dauerhaft.Ich war danach müde. Nicht körperlich. Anders.
Als hätte jemand alles Laute aus mir herausgenommen.Und ich dachte lange darüber nach, was Erinnerung eigentlich bedeutet. Nicht Gedenken an einem bestimmten Tag. Sondern Verantwortung. Wachsamkeit. Haltung.
Warum man trotzdem hingehen sollte
Nicht aus Neugier.
Nicht, um „es gesehen zu haben“.
Sondern um zu verstehen, wie dünn die Schicht ist, die Zivilisation heißt.
Und wie wichtig es ist, Menschen nicht zu Zahlen werden zu lassen. Nie wieder.
Auschwitz ist kein Ort für Fotos.
Aber ein Ort für Haltung.
Ich bin froh, dass ich dort war.
Nicht, weil es gut war.
Sondern weil es notwendig war.
Auschwitz ist kein Teil eines Urlaubs.
Aber es ist ein Teil von Polen.
Und ein Teil von uns allen.