Posen (Poznań): Warum du hier unbedingt aus dem Zug steigen musst (und was es mit den Ziegen auf sich hat!)

Moin Leute! Kennt ihr das? Ihr sitzt im „Berlin-Warszawa-Express“, guckt aus dem Fenster, der Zug hält kurz in Posen (Poznań), und ihr denkt euch: „Joa, sieht ganz nett aus“, und fahrt weiter nach Warschau.
Ich bekenne mich schuldig. Ich hab das jahrelang so gemacht.
Aber letztes Wochenende hab ich mir gesagt: „Alex, steig aus!“ Und Leute, ich beiß mir in den Hintern, dass ich das nicht schon viel früher gemacht habe.
Posen ist bunt, Posen ist laut (im positiven Sinne) und Posen ist die heimliche Hauptstadt der Kalorienbomben. Wer auf bunte Häuser, verrückte Geschichte und Shoppen in alten Brauereien steht, der ist hier im Paradies.

Hier ist mein Guide für die unterschätzteste Stadt Polens.

🕛 Der Kampf um den besten Platz: Die Ziegen vom Rathaus

Wir starten direkt auf dem Alten Markt (Stary Rynek). Der Platz ist wunderschön, gesäumt von diesen schmalen, kunterbunten Krämerhäusern, die aussehen wie eine Packung Smarties. Aber kurz vor 12 Uhr mittags passiert was Komisches. Alle Menschen bleiben stehen. Alle starren hoch zum Rathausturm. Hunderte Handys gehen in die Luft. Ich dachte erst: „Hä? Kommt jetzt der Papst?“ Nein, es kommen die Ziegenböcke (Koziołki). Pünktlich um 12 öffnen sich oben im Turm zwei kleine Türen und zwei mechanische Ziegenböcke fahren raus und stoßen zwölfmal mit den Hörnern zusammen. Das ist das Wahrzeichen der Stadt. Es ist totaler Kitsch, ja. Die Mechanik quietscht ein bisschen, aber es ist Kult! Die Legende besagt, dass zwei echte Ziegen damals vorm Koch geflohen sind und sich auf den Turm gerettet haben.

Mein Tipp: Seid schon um 11:45 Uhr da, sonst seht ihr vor lauter Selfie-Sticks nur den Himmel. Und passt auf eure Wertsachen auf, wenn alle nach oben glotzen!

🥐 Rogale Świętomarcińskie: Die Kalorien-Hölle

Okay, kommen wir zum Wesentlichen. Essen. Posen ist berühmt für die St. Martinshörnchen (Rogale Świętomarcińskie). Denkt jetzt bloß nicht an so ein luftiges französisches Croissant. Nein, nein. Das hier ist Heavy Metal. Das Hörnchen ist aus Plunderteig, gefüllt mit einer Masse aus weißem Mohn, Nüssen, Rosinen, Butter und was weiß ich noch allem. Ein so ein Ding wiegt gefühlt ein halbes Kilo und hat 1200 Kalorien (ich will es gar nicht genau wissen).
Ich war im Croissant-Museum (Rogalowe Muzeum). Das liegt direkt am Marktplatz. Die Show da ist super lustig (gibt’s auch auf Englisch), die Moderatoren nehmen sich selbst nicht zu ernst und reden im lokalen Dialekt. Am Ende darf man probieren.

Ich hab eins gegessen und war für den Rest des Tages satt. Es ist unglaublich lecker, aber man fällt danach in ein Fresskoma.

🍺 Stary Browar: Das schönste Einkaufszentrum der Welt?

Ich hasse Shopping-Malls. Echt jetzt. Aber der Stary Browar (Alte Brauerei) ist anders. Wie der Name sagt: Das war mal eine riesige Bierbrauerei aus rotem Backstein. Eine reiche polnische Geschäftsfrau hat das Ding gekauft und in einen Mix aus Kunstgalerie und Shopping-Center verwandelt. Das sieht da drin aus wie in einem Schloss! Überall stehen Skulpturen rum, das Licht ist gedimmt, man läuft über alte Industrieböden. Selbst wenn ihr nix kaufen wollt (was schwer wird), geht da rein und staunt. Es hat schon Preise gewonnen als „Bestes Shopping Center der Welt“. Zurecht!

Draußen ist ein riesiger Park, wo im Sommer Liegestühle stehen. Da hab ich mir ein Eis geholt und einfach die Sonne genossen. Posen ist nämlich auch ne ziemliche Studentenstadt, der Vibe ist also jung und entspannt.

🥔 Pyry z Gzikiem: Kartoffel-Liebe

Die Posener werden von anderen Polen oft spöttisch „Pyry“ genannt. Das heißt im lokalen Dialekt „Kartoffeln“. Und statt beleidigt zu sein, sind die Posener stolz drauf!
Ihr müsst unbedingt Pyry z Gzikiem probieren. Das ist eigentlich ein Arme-Leute-Essen: Pellkartoffeln mit einer speziellen Quarkmischung (mit Schnittlauch und Radieschen). Klingt simpel? Ist es auch. Aber es schmeckt so gut!
Geht dafür in die Bar Pyra. Da dreht sich alles nur um die Kartoffel. Man kriegt für wenig Geld den Bauch voll.

🏰 Das Kaiserschloss: Ein Stück Preußen

Was viele nicht wissen: Posen war lange preußisch. Und Kaiser Wilhelm II. hat sich hier noch kurz vor Ende des Kaiserreichs ein riesiges Schloss hingestellt.
Das steht immer noch da, mitten in der Stadt. Es ist das jüngste Schloss Europas.
Die Geschichte davon ist krass, im zweiten Weltkrieg haben die Nazis es umgebaut für Hitler (der war aber nie da). Heute ist es ein Kulturzentrum. Man kann durch die riesigen Marmorflure laufen und spürt richtig diese schwere Geschichte. Ein krasser Kontrast zu den bunten Häuschen am Markt.

Unterschätzt Posen nicht!

Posen ist für mich die perfekte Mischung. Du hast die Geschichte (Dominsel, Rathaus), du hast den modernen Vibe (Stary Browar, Streetart) und du hast Essen, das dich glücklich (und dick) macht. Es liegt genau auf der Strecke zwischen Berlin und Warschau. Also: Fahrt nicht einfach durch! Steigt aus, esst ein Hörnchen, winkt den Ziegen zu. Es lohnt sich.
Wusstet ihr das mit den Ziegen? Oder dachtet ihr bisher auch, Posen ist nur ein Bahnhofsschild? Schreibt mir mal!

Bis zum nächsten Stopp. 🙂